Gedächtnis ist eine Zukunftsfunktion

Danke an Gunther Schmidt für dieses Zitat in der hypnosystemischen „Konflikte als Chance“-Fortbildung.

Was steckt dahinter:
Wir glauben oft, Erinnern sei wie ein Archiv: Schubladen voller Erlebnisse, die wir bei Bedarf öffnen. Die Neurowissenschaft zeigt allerdings: Unser Gedächtnis ist weniger Lagerraum, sondern vielmehr eine Werkstatt für Zukunft.

🧠 Prospektives Gedächtnis
Es sorgt dafür, dass wir Absichten behalten und sie später umsetzen („morgen die Präsentation starten“, „nächste Woche Feedbackgespräch führen“). Ohne diese Funktion könnten wir im Arbeitsalltag keine Projekte steuern.
🧠 Mentales Zeitreisen
Der Hippocampus, der beim Erinnern aktiv ist, wird ebenso aktiviert, wenn wir Zukunftsszenarien entwerfen. Er erlaubt uns, im Kopf durchzuspielen, was passieren könnte – und dadurch bessere Entscheidungen zu treffen. Spannend ist auch, das wir in unserem Sehzentrum 9x mehr Sinnesreize aus dem eigenen Hirn als aus dem tatsächlichen Sehnerv ankommen. Innere Bilder überwiegen hier also.

🧠 Konstruktives Erinnern
Jede Erinnerung wird neu im JETZT zusammengesetzt – angepasst an unsere aktuellen Bedürfnisse. Genau deshalb verändern sich Geschichten über die Jahre. Erinnerungen sind also kein Fotoalbum, sondern ein Rohstofflager für zukünftige Handlungen.

Was heißt das für Führung & Change?
1️⃣ Arbeiten mit Zukunftsbildern
Nutze Erinnerungen deines Teams nicht, um Schuldfragen zu klären („Wie konnte das passieren?“), sondern als Material, um Zukunft zu gestalten („Welche Erfahrungen helfen uns, den nächsten Schritt zu gehen?“).

2️⃣ Prospektives Gedächtnis trainieren
In Veränderungsprozessen sind klare „Zukunftsanker“ entscheidend: Rituale, Check-ins, Visualisierungen, die geplante Schritte verankern. So entsteht Verlässlichkeit im Ungewissen.

3️⃣ Simulation bewusst einsetzen
Statt nur Strategiepapiere zu diskutieren: Lass Teams Visionen als Mentalreisen erleben und Szenarien durchspielen. „Stell dir vor, es ist 2027 und das Projekt war überaus erfolgreich – was hat uns erfolgreich gemacht?“ Diese Art von mentalem Zeitreisen fördert Kreativität und Handlungssicherheit. Das hab ich auch unserem Buch „Coaching hautnah“ als Methode beschrieben. Die Leitfrage nutze ich öfter in den Hashtag3dwelten für die Lösungsfindung.

4️⃣ Konstruktives Erinnern reframen
Führungskräfte können bewusst mit Geschichten und Storytelling arbeiten: Die Lerngewinne hervorheben (statt Fehler). Erinnerung wird damit zur Ressource. Buchtipp: „In Aktanz gehen“ von Michael Müller & Christine Erlach.

Für Coaching & Selbstführung
💡 Im emTrace- und Hypno-Coaching arbeite ich viel mit Zielfragen und Zukunftsbildern. Diese ktivieren dieselben Netzwerke wie „echte“ Erinnerungen und schafft Unterschiedbildung. Gerne auch embodied.

Vergangenheit ist nicht das, was uns festlegt – sondern das Material, mit dem wir Zukunft bauen. Gedächtnis ist eine Zukunftsfunktion, und Führung heißt, diesen Rohstoff sinnvoll zu nutzen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert