Wenn im Arbeitskontext jemand als „zu emotional“ bezeichnet wird, trifft es fast immer Frauen. Männer bekommen dieses Label nur selten – und wenn, dann höchstens bei organisational „zulässigen“ Emotionen wie Ärger.

(🔗 Anknüpfend an meinen letzten Post zu Neugier in Führung von letzter Woche.)

Empathie, Mitgefühl und Sensibilität gelten häufig in Kulturen als „weiblich“ codiert. Die Forschung von Niobe Way von der NYU macht deutlich, dass wir uns mit dieser kulturellen Engführung selbst etwas wegnehmen. Ihre Studien zeigen: Kinder – egal ob Jungen oder Mädchen – starten mit hoher emotionaler Intelligenz, tiefer Neugier aufeinander und engen Verbindungen.

Erst die kulturellen Zuschreibungen in der Jugend engen dieses Spektrum ein. Jungen lernen, Nähe und Fragen zu vermeiden, weil Härte und Rationalität „männlicher“ wirken. Das finde ich insbesondere als dreifache Jungsmama sehr spannend und stimmt nachdenklich.
Mädchen behalten die emotionale Offenheit zwar länger, passen sich aber im Arbeitskontext häufig an und verhalten sich kulturell „männlicher“, um ernst genommen zu werden.

Das Ergebnis: Wir alle – Männer wie Frauen – berauben uns wesentlicher „Human“-Faktoren. Faktoren, die eigentlich die Basis für menschliches Zusammenleben und Zusammenarbeit sind. Statt das ganze Spektrum von Denken und Fühlen zu nutzen, reduzieren wir Führung auf einen engen Rahmen: rational, entscheidungsstark, faktenorientiert. Alles andere gilt als „Soft Skill“ – und wird damit abgewertet.

Emotionen sind neurobiologische Hard Facts: Eine feuernde Amygdala hebelt den präfrontalen Kortex aus. Angst weist darauf hin, dass es sich grad unsicher anfühlt. Ehrfurcht ist eine transformierende Emotion. Neugier aktiviert das Belohnungssystem. Empathisches Zuhören schüttet Oxytocin aus und schafft Vertrauen.
Ignorieren wir das, verlieren wir Geschwindigkeit und Bindung. Nutzen wir gesunde Glaubenssätze und (neuropsychologisches) Wissen zu Emotionen, eröffnen sich Chancen für echten Wandel.

Genau hier verbindet sich der Gedanke aus Post von letzter Woche: Curiosity erlaubt es, Emotionen nicht zu bewerten, sondern zu erforschen. Nicht: „Ist das zu emotional?“ – sondern: „Welche Information steckt in dieser Emotion über das System, die Situation, das Team?“ Neugier bricht Zuschreibungen auf und macht das Ganze menschliche Spektrum nutzbar.

Fazit: Wir brauchen ein neues Bild von Führung – eines, das uns nicht kulturell einschränkt, sondern erweitert. Wo es nicht darum geht, ob ein Verhalten „männlich“ oder „weiblich“ ist, sondern ob es im Kontext nützlich ist. Nur wenn wir das gesamte Spektrum menschlicher Faktoren anerkennen, können wir Veränderung wirklich gestalten.

Welche Zuschreibungen begegnen dir in deiner Organisation – und wo hindern sie dich oder andere daran, das ganze Potenzial zu nutzen?

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